Robinson Crusoe

The Strange and Surprizing Adventures of Robinson Crusoe of York, Mariner ist der volle Titel des Romans, der Daniel Defoe berühmt machte. Er wurde im April 1719 veröffentlicht und war mit vier Auflagen allein im ersten Jahr so erfolgreich, dass Defoe umgehend zwei Fortsetzungen schrieb: The Farther Adventures of Robinson Crusoe (1719) und Serious Reflections (1720). Über Nacht wurde aus dem Journalisten ein Bestseller-Autor.

Das Buch präsentiert sich als autobiographischen Bericht des Titelhelden, der durch einen Schiffbruch auf einer tropischen Insel nahe der Küste des heutigen Venezuelas und Trinidads strandet, auf der er die nächsten 28 Jahre verbringt. Es wird angenommen, dass der Roman auf der wahren Geschichte des schottischen Schiffsbrüchigen Alexander Selkirks basiert, welcher vier Jahre auf einer Pazifikinsel vor der Küste Chiles verbrachte. 1966 wurde diese Insel in „Robinson Crusoe Insel“ (Isla Robinson Crusoe) umbenannt

Die Ich-Erzählung aus der Sicht Protagonisten lädt die Leser und Leserinnen dazu ein, sich mit Crusoes Überlebenskampf auf der einsamen Insel zu identifizieren: Nachdem er Vorräte und Werkzeuge aus dem Schiffswrack geborgen hat, baut Crusoe eine Behausung, geht auf die Jagd, zähmt und züchtet Ziegen, baut Mais an und lernt, Brot und Bier herzustellen. Aber er muss sich auch gegen Gefahren schützen, die ausgehen vom rauen Wetter, Ernteausfällen, Krankheiten und Kannibalen, welche die Insel heimsuchen. Gleichzeitig stellen Crusoes Einsamkeit und Verzweiflung eine weitere Bedrohung für sein Wohlergehen dar. Indem er beginnt, Tagebuch zu führen, erschafft er deshalb ein Gegenüber, mit dem er reden, Entscheidungen besprechen und seine Ängste anvertrauen kann. Dieses Tagebuch ist auch der fiktionale Ursprung des Romans, den wir heute lesen können.

Crusoes Leben nimmt eine dramatische Wendung, als er einen gefangenen Eingeborenen vor den Kannibalen rettet. Er nennt ihn „Freitag“, bringt ihm Englisch bei und konvertiert ihn zum Christentum. Ursprünglich konzipiert als ein Beleg dafür, dass friedliche Koexistenz mit Eingeborenen möglich ist, wurde diese Beziehung später als Blaupause für die Praktiken kolonialer Unterwerfung und Ausbeutung angesehen. Es ist der heute wohl kontroverseste Aspekt von Defoes Roman. In der Fortsetzung Farther Adventures, jedoch nimmt Defoe selbst eine kritische Haltung gegenüber dem Kolonialismus ein: Er lässt seinen Protagonisten den Kolonialismus ausdrücklich ablehnen und schickt ihn stattdessen auf eine globale Handelsreise, die ihn nach Asien führt.

Robinson Crusoe ist einer der am weitesten verbreiteten und am häufigsten übersetzten Romane weltweit und hat außerdem tausende Nachahmungen und rewritings im Sinne von Neufassungen hervorgebracht. Viele dieser sogenannten Robinsonaden sind in der Robinson-Bibliothek zu finden.

Text: Isabel Karremann