Daniel Defoe
Daniel Defoes Leben war genau so aufregend wie das seines berühmtesten Romanhelden, Robinson Crusoe. Vielleicht noch aufregender, denn während Crusoe 28 Jahre auf einer einsamen Insel verbringt, fand sich Defoe in ganz verschiedenen Rollen und Orten der englischen Gesellschaft wieder: als Händler von Luxusgütern, als Geheimagent für den König, als Ehemann und Vater von acht Kindern, als Rebell im Gefängnis, als Kämpfer gegen soziale Ungerechtigkeit, als politischer Journalist, als mehrfacher Bankrotteur, als Unternehmer und Publizist – und als der erste Bestseller-Autor eines Romans.
Robinson Crusoe
The Strange and Surprizing Adventures of Robinson Crusoe of York, Mariner ist der volle Titel des Romans, der Daniel Defoe berühmt machte. Er wurde im April 1719 veröffentlicht und war mit vier Auflagen allein im ersten Jahr so erfolgreich, dass Defoe umgehend zwei Fortsetzungen schrieb: The Farther Adventures of Robinson Crusoe (1719), in denen sein Held eine Weltreise macht, und Serious Reflections (1720), eine Sammlung mit Aufsätzen über Themen wie Einsamkeit. Über Nacht wurde aus dem Journalisten ein Bestseller-Autor.
Die Robinsonaden
Die Robinsonade ist ein Romantypus, der vom Schicksal einer auf einer einsamen Insel gestrandeten Person oder Gruppe handelt. Reiseerlebnisse und Lebensgeschichte der Robinson-Figuren werden dabei eng verknüpft, und der Inselraum erhält eine zentrale Funktion für die Erzählstruktur sowie das inhaltliche Programm. Robinsonaden enthalten oft Züge anderer Gattungen, wie dem Reisebericht, dem Schelmenroman, oder der Utopie. Teilweise ist der Aufenthalt auf der einsamen Insel auch nur eine von mehreren abenteuerlichen Episoden der Geschichte.
Highlights der Sammlung
Das älteste Buch
Sind Sie bereit, sich auf ein neues Abenteuer einzulassen? Robinson Crusoe ist es auf jeden Fall, denn in The Farther Adventures of Robinson Crusoe (1719) bricht er erneut auf, um die Welt zu erkunden. Ein Exemplar der Fortsetzung des weltberühmten Romans befindet sich in der Robinson-Bibliothek. Diese zweite Ausgabe aus dem Jahr 1720 gedruckt ist das älteste Buch in der Bibliothek und fast zu fragil, um es in die Hand zu nehmen und durchzublättern. Die Spuren der letzten 300 Jahre sind an diesem Schatz deutlich erkennbar.
Weibliche Robinsons
Die meisten von uns kennen die Geschichte von Robinson Crusoe, einem Mann, der auf einer einsamen Insel strandet. Aber haben Sie sich jemals gefragt, wie sich die Geschichte verändern würde, wenn Crusoe eine Frau wäre? Das ist das Anliegen der ‚weiblichen Robinsonaden‘. Geschichten über weibliche Schiffbrüchige tauchten schon bald nach der Veröffentlichung von Defoes Roman auf, was auf eine Faszination für die Erkundung einer alternativen Perspektive auf konventionelle Robinsonaden hindeutet.
Ein Schwarzer Crusoe
Ein schwarzer Mann unterwirft sich seinem weißen Herrn: Robinson Crusoe lehrt Freitag „Ja, nein, Herr“ zu sagen. Diese Bilder stehen im Zusammenhang mit Defoes Robinson Crusoe als ein Roman über den Kolonialismus, charakterisiert durch die in vielen illustrierten Ausgaben enthaltene Schlüsselszene der kolonialen Unterwerfung. Doch eine Robinsonade aus dem neunzehnten Jahrhundert kehrt dessen Struktur um: Le Crusoe Noir des französischen Autors Alfred Séguin versetzt einen Schwarzen in die Position des aufgeklärten Meisters und macht einen Weißen von seiner Hilfe und Weisheit abhängig.
Der Schweizerische Robinson
Der Schweizerische Robinson von Johann David Wyss (1743–1818) erzählt die Geschichte einer sechsköpfigen Pfarrersfamilie, die um 1800 die Schweiz mit einem missionarischen Auftrag verlässt und in Richtung des Südpazifik aufbricht. In dieser expliziten Adaption von Daniel Defoes Robinson Crusoe erleiden auch die Figuren dieser ‚Familienrobinsonade‘ Schiffbruch und leben fortan als einzige Überlebende auf einer einsamen Insel.
Robinson in China
Wer weiß schon, dass Robinson Crusoe auch nach China reiste? Nach seiner Rückkehr nach England am Ende des ersten Teils ist er begierig darauf, seine Insel wiederzusehen und die Welt zu erkunden. Wie viele Kaufleute des achtzehnten Jahrhunderts reist er in den Fernen Osten. Nach langen Aufenthalten im Golf von Bengalen und in Indonesien gelangt er gemeinsam mit einigen portugiesischen Seeleuten und einem Jesuitenpriester an die Südküste Chinas. Gemeinsam reisen sie in den Norden des Landes und machen in den beiden berühmtesten Städten dieser Region Halt – Nanquin and Peking.
Arktische Robinsons
Stellen Sie sich vor, jemand hätte Robinson Crusoe von seiner tropischen Insel in die Kälte Grönlands versetzt, um einen ‚arktischen Robinson zu schaffen. Diese Idee mag schwer vorstellbar sein, aber zwei Bücher in der Sammlung, der autobiografische Bericht von Ejnar Mikkselsen, An Arctic Robinson (dt. Ein arktischer Robinson, 1913), und der Abenteuerroman Nuvat the Brave: An Eskimo Robinson Crusoe (1934) von Radko Doone, tun genau das. Gestrandet im ewigen Eis, müssen ihre Helden gegen eine überlebensfeindliche Umwelt kämpfen.
Illustrierte Robinsonaden
Ein Grund für die enorme Beliebtheit von Robinson Crusoe sind sicher die reich bebilderten Ausgaben und Nacherzählungen für junge Leserinnen und Leser. Auf den Buchrücken und Vorderseiten sind oft wiedererkennbare Figuren oder Momente aus dem Roman abgebildet, und im Text findet man lebhaft ausgemalte Szenen voller Farben und Details. Die Publikationsgeschichte von Robinson Crusoe und seinen Adaptationen ist eine faszinierende Reise durch die Geschichte der Buchillustration.
Robinson in der graphischen Kunst
Seit der Roman vor über 300 Jahren veröffentlicht wurde, sind Illustrationen ein wesentlicher Grund für die breite Beliebtheit von Robinson Crusoes. Die meisten Ausgaben in der Sammlung haben wunderschön illustrierte Einbände und in vielen lassen sich außerdem Karten und Zeichnungen entdecken. Dazu kommen auch einige Werke, die keine Bücher an sich sind, sondern vielmehr in den Bereich bildende Kunst gehören, oder die formale Neuinterpretationen in einem visuellen Medium darstellen.
Crusoe und die Konsumkultur
Unter den vielen Büchern in der Robinson-Bibliothek finden sich auch einige merkwürdige Gegenstände des Alltagslebens, die man nicht in den Regalen eines Literaturarchivs erwarten würde: eine Thunfisch-Dose, einige Blätter hauchdünnen Einwickelpapiers für Orangen, ein Tablett mit kleinen Portionen Kaffeesahne. Ein näherer Blick verrät, dass sie alle mit Szenen aus Robinson Crusoe bedruckt sind. Doch was hat Defoes Roman überhaupt mit solchen gewöhnlichen Konsumgütern zu tun?
Robinsons Tiere
Es ist ein verbreiteter Irrglaube, dass Robinson Crusoe allein auf seiner Insel war. Oft wird übersehen, dass Robinsons ‚kleine Familie‘ aus seinem Hund und zwei Katzen besteht. Neben den Haustieren beherbergt die Insel aber auch weitere bekannte und exotische Tiere, von denen die einen für Crusoe überlebensnotwendig sind, die anderen hingegen sein Überleben bedrohen. Diese Tiere sind in der Geschichte allgegenwärtig und werden dem Leser in den zahlreichen Ausgaben Robinson Crusoes und den vielen Illustrationen immer wieder vor Augen geführt, etwa auf Titelbildern oder auf Buchrücken.
Spielen mit Robinson
Wenn ein Roman so beliebt ist wie Robinson Crusoe, ist es vielleicht ganz natürlich, dass seine Figuren auch in anderen Medien erscheinen – etwa als Karten- oder Brettspiele und als Spielzeug, welche seit dem neunzehnten Jahrhundert ununterbrochen auf den Markt kamen. Die Robinson-Bibliothek enthält eine Reihe solcher Quartette, Brettspiele, Würfelpuzzle und Aufklapp-Bilderbücher. Aber welche Auswirkungen hat es für die Geschichte, wenn sie durch ein anderes Medium erzählt wird?
Im Zelt mit Robinson
Wer hat nicht als Kind Tage damit verbracht, in einer entlegenen Ecke des Gartens oder sogar im nahen Wald einen Unterschlupf zu bauen und vorzugeben, auf einer einsamen Insel gestrandet zu sein und nun ganz allein überleben zu müssen? Sicher steckt eine solche Kindheitsfantasie hinter dem kleinen Büchlein aus dem Jahr 1955, das Kinder in die Kunst des Zeltens einführt. Es enthält nützliche Tipps, erzählt persönliche Anekdoten, und zeigt in Illustrationen, wie man ein Zelt errichtet oder ein Feuer entfacht.